Samstag, 21. Dezember 2024

Heilbäder und ihre Heilmittel

Erstaunlich groß ist die Zahl der in Heilbädern und Kurorten eingesetzten Kurtherapien und Heil­mittel. Ihre Wirkun­gen sind jedoch weniger gesichert, als man glaubt. Vor allem bei den nicht-orts­ge­bun­de­nen Therapien be­stehen oft Zweifel an ihrer Wirksamkeit. Die folgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Voll­ständigkeit.

Das klassische Heilbad besitzt eine Heilquelle. Bei dieser kann es sich um eine Mineral-, Sole- oder Thermalquelle handeln. Mineral­wasser wird meist auf Flaschen abgefüllt und als Getränk verkauft, während die beiden übrigen für Kurbäder genutzt werden. Ob also eine Mine­ral­wasser­quelle tat­säch­lich eine Heilquelle ist, mag zurecht bezweifelt werden, auch wenn gelegent­lich sogar in ihrem Wasser gebadet wird. Bei einer Solequelle handelt es sich um eine stark salz­hal­ti­ge Quelle, während als Thermalquelle alle Quellen bezeichnet werden, die mit einer Temperatur von mehr als 20°C aus dem Boden sprudeln. Bei allen Quellen sollte man sorgfältig die Heil­an­zei­gen studieren.

Bei Moorbädern werden Badetorf, Badeschlamm, Schlick oder Heilerde mit heißem Wasser ver­mischt. Mit dem Gemisch wird entweder nur eine bestimmte Körperstelle behandelt oder es wird ein Bad darin genommen. Prinzipiell wäre damit auch eine ortsunabhängige Behandlung mög­lich, jedoch werden die Kuren in der Regel in der Nähe der Förderorte durchgeführt.

Behandlungen mit dem Edelgas Radon werden nur bei den Krankheiten Morbus Bechterew (eine Form von Rheuma), Arthritis und Arthrose empfohlen. Radon ist radioaktiv und kann Krebs ver­ursachen. Man sollte es daher nur einsetzen, wenn es unbedingt notwendig ist.

Der neueste Trend auf dem Gesundheitsmarkt sind Atemkuren an Wasserfällen, vor allem für Asth­matiker. Die Heilwirkung liegt hier in Gischt und Nebel der zu Tal donnernden Wasser­massen. Durch die Wucht des Wasserfalls werden die einzelnen Wassermoleküle beim Auf­schlagen am Fel­sen in winzige Fragmente zerschmettert, die so genannten Nano- bzw. Wasser­fall­aeroso­le. Aufgrund ihrer geringen Größe dringen sie besonders tief in die Atemwege ein und entfalten dort ihre reini­gen­de und immun­modulie­rende Wirkung.

Der Begriff Speläotherapie bezeichnet die Behandlung von Atemwegskrankheiten in einem Heil­stollen. Aber nicht nur bei Atemwegs­erkankungen, sondern auch bei anderen Leiden werden diese auf­gesucht, wie zum Beispiel Stress oder physische und psychische Erschöpfungs­zustände. Im deutsch­sprachigen Raum existieren derzeit 13 Heilstollen.

Ein besonderes Heilmittel und eine geologische Besonderheit bietet das niedersächsische Staatsbad Pyrmont: Die Dunsthöhle, eine gemauerte Grotte in der Kohlendioxid (CO2) aus dem Erd­inneren ausströmt. Seit 1720 wird der Ort für Therapien gegen Durchblutungsstörungen, Allergien und schlecht heilende Wunden genutzt.

Damit wären die ortsgebundenen Heilmittel des Bodens erschöpfend abgehandelt, jedoch gibt es auch noch andere Heilmethoden, die in Kurorten und Heilbädern praktiziert werden: Die Wasser­kuren nach Pfarrer Kneipp und die Kurkonzepte von Johann Schroth und von Em­manuel Felke. Allen dreien ist gemeinsam, dass ihre Gegner sie für gesundheitsschädlich halten. Mol­ke­kuren wurden im 19. Jahrhundert populär und tauchen immer wieder mal aus der Versenkung auf. Bei diesen Kuren wird ein Abfallprodukt aus der Milchherstellung als Kurmittel getrunken. Allen vier vorgenannten Kurkonzepten ist gemeinsam, dass es sich um Kuren handelt, die prinzipiell orts­unab­hän­gig durchgeführt werden können. Eine Heilquelle o.ä. ist nicht erforderlich. Ihre Wirk­sam­keiten sind umstritten.

Irgendwo zwischen der ortsgebundenen und der ortsunabhängigen Kur liegt das Eisenbad (oder Schlacken­bad). Dieses nutzt das Prozesswasser (manchen sagen auch „Abwasser“) aus der Metall­her­stellung. Wenn die Schlacke mit Wasser abgeschreckt wird, nimmt das Wasser dabei Schwefel und Mi­ne­ralien auf und erhält somit eine Heilwirkung wie Heilwasser, oft sogar in stärkerer Kon­zentra­tion. Eine Ortsgebundenheit entsteht hier durch die erforderliche Nähe zu einem Hüttenwerk. Mit dem Nieder­gang der Metallverarbeitung ist auch die Zahl der Eisenbäder zurückgegangen.

Ein Seeheilbad nutzt die Heilwirkung des Seeklimas. Leider ist oft nicht ganz klar, worin diese Heil­wirkung besteht oder warum sie in einem benachbarten Küstenort der kein „Seeheilbad“ ist weniger positiv sein soll. Auch ist der Begriff „Seeklima“ eher unzureichend definiert, bezieht er sich doch auf eine jährliche Durchschnittstemperatur unter dem Einfluss eines nahen Ozeans außer­halb der Tropen (auch die Hauptwindrichtung kann dabei eine Rolle spielen). Folglich sollte man einem Seeheilbad keine allzu große Heilwirkung beimessen.

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