Mit dem Aufkommen der düsengetriebenen Passagierflugzeuge und dem zunehmenden Wohlstand in den 1950er Jahren entstand eine neue, weltumspannende Partyszene. Ihre Teilnehmer – Playboys, Künstler, Prominente, Adlige und andere wohlhabende Nichtstuer - waren ständig mit Flugzeugen unterwegs zu exotischen Orten in Europa und Übersee, wie z.B. Cannes, Saint-Tropez, Portofino, St. Moritz, Gstaad, Acapulco, die Bahamas, Marbella oder Mykonos, wo sie von den ebenfalls neu aufgekommenen Paparazzi, vor allem für europäische Boulevardblätter, fotografiert wurden. Der Jet Set war geboren.
In den 1980er Jahren ebbte der Trend zwar ab, aber mit dem Zeitalter der Billigflieger gab es eine Neuauflage: Den Easyjet Set. Die Angehörigen dieser Partyszene fliegen ebenfalls um die Welt, oder zumindest durch Europa, immer auf der Suche nach einem neuen Party-Hotspot. Nur, dass sie nicht in der Ersten Klasse von (damals) sündhaft teuren Düsenmaschinen reisen, sondern mit preiswerten Billigflügen namhafter europäischer Billigflieger oder – wenn es sich um regionale Party-Hotspots oder die „letzte Meile“ zum Zielort handelt – mit dem Fernbus oder dem D-Ticket im Nahverkehr. Einer der Billigflieger ist die britische Fluggesellschaft „Easyjet“, die einen Teil des Namens beisteuert. Man erkennt Easyjet Setter oft daran, dass sie ein kleines Gepäckstück (Tasche oder Rucksack) mit den maximalen Abmessungen 40x20x25cm bei sich tragen. Das ist genau die Gepäckgröße, die bei den meisten Billigfluggesellschaften unter den Vordersitz passt und im Flugpreis inbegriffen ist.
Organisiert wird die Reise mit dem Smartphone; hier darf es auch schon mal ein teures iPhone sein. Statt in einer Flughafenlounge oder irgendeinem VIP-Privatclub, verkehrt man im örtlichen „Starbucks“ oder „Costa Coffee“ (notfalls tut es auch ein „McCafé“), wo man - neben Cappuccino Grande oder Caffè Misto mit Blaubeermuffin oder Cheesecake New York Style - gratis Wlan und gelegentlich auch Steckdosen vorfindet. Bezahlt wird natürlich mit der hauseigenen Kundenkarte oder App. Bei Vielen ist sogar schon der eigene Mehrweg-Kaffee-Thermobecher zum Statussymbol geworden.
Am Zielort wohnt man möglichst preiswert, z.B. in einem Zimmer das man via Airbnb gebucht hat, in irgendeinem Hostel oder man verzichtet komplett auf ein Zimmer und übernachtet direkt auf der Party. Da es heute kaum noch Paparazzi gibt und die wenigen Verbliebenen sich nicht für den Easyjet Set interessieren, nutzt man sein eigenes Smartphone, um auf der Party Selfies zu schießen und diese dann irgendwo ins Internet hochzuladen. Als Party-Location kommen alle möglichen Orte infrage. Ausgefallene Orte sind besonders beliebt, wie z.B. sogenannte „Lost Places“ oder auch die Hohlräume in einer Autobahnbrücke (z.B. in der A4, Schlingenbachtalbrücke bei Overath im Juni 2021). Oft sind die Eigentümer davon nicht begeistert und nicht selten gibt es Schwierigkeiten mit örtlichen Behörden. Aber dann zieht man halt weiter zur nächsten Party.
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