Sonntag, 9. September 2018

Ideal im Herbst: Citytour Charleroi

Gemäß einer Umfrage der niederländischen Tageszeitung De Volkskrant gilt das wallonische Charleroi als die hässlichste und trostloseste Stadt überhaupt: Unter fünf Kandidaten wurde sie zur »hässlichsten Stadt der Welt« gekürt. Warum also dort nicht einmal eine (inoffizielle) Stadtführung des belgischen Aktionskünstlers Nicolas Buissart mitmachen? Der Herbst ist genau die richtige Jahreszeit dafür, denn das fallende Herbstlaub, die Rufe der Krähen und der kalte Wind sorgen für die richtige Stimmung.
Unter www.charleroiadventure.com kann man eine sog. City Safari buchen, die den Gast zu den Höhepunkten der postindustriellen Tristesse führt, u.a. in die Route de Mons (die deprimierendste Strasse Belgiens), auf einen Kohleabfallberg (mit Aussicht und bei gutem Wetter mit Picknick), in die verlassene Ruine einer Metallfabrik („Symphonie in Rost“) und an den Ort, wo sich die Mutter des Malers René Magritte nachts im Fluss Sambre ertränkt hat. Beliebt ist außerdem die Besichtigung einer nie in Betrieb gewesenen, halbfertigen Stadtbahnstrecke die langsam vor sich hin modert und auf Wunsch fährt man auch am Haus des Vergewaltigers und Serienkillers Marc Dutroux vorbei. Eventuell sollte man mit dem eigenen Auto anreisen, sodass die Tour nicht mit einem gemieteten Fahrzeug durchgeführt werden muss. Tourtag ist gewöhnlich Sonntag, weil dann das Parken gratis ist. Ein Gastronomietipp: Unbedingt besuchen sollte man weiterhin die seit 1952 bestehende Friterie Robert La Frite in der Rue du Grand Central, direkt am Bahnhof (www.robertlafrite.be).
Die Stadtverwaltung sieht diese Touren gar nicht gerne, denn schließlich möchte man ein positives Bild der ehemaligen Industriestadt vermitteln. Dabei hat sich Charleroi vom Niedergang der Stahlindustrie nie erholt. Die alten Fabriken rosten vor sich hin, ein Viertel der Bevölkerung ist arbeitslos, das Straßenbild ist von Drogenhandel und Gewalt geprägt und die Politik taumelt von einem Korruptionsfall in den nächsten.
Anreise: Mit dem Auto über die A4 via Aachen nach Lüttich (belg. A3, dann A15) und weiter nach Charleroi. Mit der Bahn geht es ab/via Köln.

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